
Giuseppe Abbati, „Landstraße mit Zypressen“ (ca. 1860). Ein Meisterwerk der Macchiaioli-Bewegung, das den Kontrast von Licht und Schatten betont.
Es gibt Momente, in denen ein kleines Gemälde, nur 28 mal 37 Zentimeter groß, mehr sagt als ein großes. So ist es mit dem Werk von Giuseppe Abbati, das er um 1860, kurz vor seinem Tod (er lebte von 1836 bis 1868), schuf. Es trägt den Titel „Landstraße mit Zypressen“ und befindet sich heute im Palazzo Pitti in Florenz, als Öl auf Leinwand. Während viele Zypressen und Olivenbäume sehen, erkenne ich den Schatten. Ich sehe den Schatten als Körper, als schwere Materie, die auf der Erde liegt und die bloße Abwesenheit von Licht übersteigt. Diese Maler, die sogenannten Macchiaioli, suchten genau das – die „Flecken“ (macchia). Und Abbati fand, vielleicht mehr als alle anderen, die Wahrheit im Kontrast zwischen Licht und Dunkelheit, der über die bloße Form hinausgeht.
Die Herrschaft der Zypressen und die Erde als Feuer
Was ist die Stärke des Gemäldes? Es beginnt mit den Zypressen. Hier stehen sie. Sie wirken wie Wächter, aufgereiht und hart. Sie sind tiefschwarze Säulen, fast formlos, die sich gegen den blauen Himmel abheben und die Erscheinung einfacher Bäume übertreffen. Abbati malt nur die kompakte Masse, ihre Kraft, das Licht zu verbergen, und geht über die Darstellung von Blättern oder Ästen hinaus. Es gibt etwas Kriegerisches in ihnen – vielleicht etwas von dem Italien, das sich damals (um 1860) formte? Aber das ist ein anderes Thema. Neben ihnen die Olivenbäume, schief und durchscheinend, die noch das Leben zeigen – die Zypressen hingegen scheinen tot oder vielmehr, sie stehen über dem Leben, als absolute Ideen der Dunkelheit.
Der feurige Weg und die Farbkleckse
Darunter der Weg. Er ist golden, fast feurig, als ob die Erde selbst von der Sonne der Toskana brennt und das Bild eines einfachen Weges übersteigt. Und auf dieser feurigen Oberfläche, da sind die Schatten. Sie sind cyan, purpurrot, tief, Wesen mit eigenem Körper, Stücke des Himmels, die auf die Erde gefallen sind, weit über das hinausgehend, was einfach grau oder blass ist. Abbati führt hier die „Flecken“ (macchia) zur Vollendung: der Weg wird zum Schauplatz, wo Licht und Schatten – diese beiden Kräfte – kämpfen, und der Schatten, der schwere Schatten, scheint zu siegen, indem er seinen Rhythmus auf die Erde und den Weg legt, der sich zwischen dem strahlenden Licht krümmt – und all dies sind nichts anderes als Farbkleckse, die nebeneinander stehen, bevor unser Verstand hastig Namen vergibt und sie „Baum“ oder „Erde“ nennt. Diese Wahrheit ist fast schmerzhaft. Sie fordert die visuelle Realität, wie sie ist, und übersteigt die Suche nach Schönheit. Und genau das hat sie erreicht.


