
Die Erhöhung des kostbaren Kreuzes, eine detaillierte Miniatur aus dem Menologion von Basileios II, datiert um 985.
Ein Kunstwerk fasst eine ganze Epoche zusammen. Wir sprechen von der Miniatur der Erhöhung des kostbaren Kreuzes, einem Meisterwerk, das um 985 in Konstantinopel geschaffen wurde und heute in der Apostolischen Bibliothek des Vatikans aufbewahrt wird. Es ist ein integraler Bestandteil des berühmten Menologions von Basileios II (Cod. Vat. Gr. 1613 f. 35). Diese Szene, die eine bedeutende religiöse Zeremonie darstellt, führt uns ins Herz der byzantinischen imperialen Ideologie und der künstlerischen Produktion der Makedonischen Dynastie. Wie gelang es einem Künstler des 10. Jahrhunderts, ein so wichtiges Ereignis mit solcher Lebendigkeit und Theatralik darzustellen? Die Antwort liegt in den Details der Komposition, die trotz ihrer kleinen Dimensionen ein monumentales Verständnis von Raum und menschlicher Präsenz offenbart, ein Merkmal der besten illustrierten Manuskripte dieser Zeit (Kastrinakis). Dieses Werk ist nicht nur ein Bild; es ist ein Fenster in die Seele eines Imperiums.
Die Komposition und die Figuren
Die Komposition ist streng strukturiert. Im Zentrum, auf einer imposanten, marmornen Kanzel, steht die Figur des Patriarchen, der mit beiden Händen ein kunstvolles Kreuz erhebt, das den Mittelpunkt der gesamten Darstellung bildet. Diese zentrale Figur, wahrscheinlich Patriarch Tryphon oder Nikolaus II. von Chrysoverges, ist nicht nur eine Person, sondern der Dreh- und Angelpunkt, um den sich die gesamte Handlung dreht, der geistige und visuelle Fokus, der den Blick des Betrachters durch die architektonischen Kurven des Hintergrunds lenkt, die das Innere eines Tempels darstellen. Die Erhabenheit des Moments ist fast greifbar.
Der zentrale Fokus: Der Patriarch und das Kreuz
Der Patriarch, in kostbarem, schlichten Gewand und mit ernstem, bärtigem Gesicht, blickt zum Himmel und hebt das Kreuz in einer Geste voller Ehrfurcht und Kraft. Das Kreuz selbst, obwohl klein, wird mit außergewöhnlicher Detailgenauigkeit dargestellt, was seinen Wert als kostbares Relikt unterstreicht. Die gesamte Körperhaltung, leicht nach rechts geneigt, verleiht der ansonsten statischen Struktur des Bildes eine Dynamik und verwandelt einen rituellen Akt in ein lebendiges Ereignis, das sich vor unseren Augen entfaltet. Es ist der Moment der Offenbarung.
Die Teilnahme des Klerus und des Volkes
Die Figuren, die den zentralen Fokus umrahmen, drücken intensive Emotionen aus, von Ehrfurcht und Andacht bis hin zu Staunen, und fangen die psychologische Wirkung des Ereignisses auf die Anwesenden ein (Cantone). Links und rechts von der Kanzel nehmen Kleriker in weißen Stolen und dunklen Felonen an der Handlung teil; einer hält eine Kerze, während andere mit gefalteten Händen in einer Haltung des Gebets oder der Bewunderung zum Kreuz blicken, ihre Gesichtsausdrücke vom Künstler meisterhaft eingefangen. Diese Vielfalt an Reaktionen schafft eine Atmosphäre der Theatralik, als ob wir eine Szene aus einem antiken Drama beobachten, in der jeder Charakter seine eigene, distincte Rolle in der Gesamtgeschichte spielt. Der humanistische Ansatz ist deutlich.

Die bewundernden Ausdrücke auf den Gesichtern der Kleriker zeugen von der künstlerischen Meisterschaft des Miniaturmalers in der Darstellung von Emotionen.
Künstlerische Identität und Symbolik des Werks
Wer steckt hinter dieser Schöpfung? Obwohl das Menologion ein kollektives Werk ist, an dem mindestens acht verschiedene Künstler unter imperialer Anleitung arbeiteten, offenbart diese spezielle Miniatur eine Hand mit außergewöhnlicher Geschicklichkeit in der Theatralik und der Darstellung architektonischer Komplexität, wie in einer entsprechenden [der verdächtige Link wurde entfernt] für die Miniaturisten des Werks hervorgehoben (Ševčenko). Die Makedonische Renaissance ist präsent. Das klassische Erbe, mit dem Fokus auf der Plastizität der Formen und dem Gefühl von Tiefe, harmoniert mit der byzantinischen Spiritualität und schafft ein Ergebnis, das sowohl realistisch als auch transzendent ist, eine künstlerische Balance, die die byzantinische Poesie und Kunst der Zeit von Basileios II. (Lauxtermann) prägt.
Die Kunst der Miniaturen von Basileios II
Der Einsatz von Farbe ist meisterhaft. Die warmen Töne des goldenen Hintergrunds stehen im Kontrast zu den kühleren Farben der Gewänder und der marmornen Kanzel und erzeugen eine visuelle Spannung, die die Dramatik der Szene betont. Die Falten der Kleidung werden mit schnellen, nervösen Pinselstrichen dargestellt, die den Figuren Volumen und Bewegung verleihen, während die Architektur des Tempels im Hintergrund, obwohl schematisch, das notwendige Raumgefühl vermittelt und das Ereignis in einen spezifischen, erkennbaren Rahmen einbettet. Diese Technik zeigt nicht nur die Fähigkeit des Künstlers, sondern dient in erster Linie der Erzählung.
Die Symbolik des goldenen Hintergrunds
Der goldene Hintergrund ist nicht nur ein dekoratives Element, sondern fungiert als starkes Symbol für das göttliche Licht und die Ewigkeit, indem er die Szene von irdischer Zeit und Raum isoliert und ihr eine transzendente Dimension verleiht. So wird das Kreuz nicht nur als historisches Relikt präsentiert, sondern verwandelt sich in ein Symbol des Triumphes und der spirituellen Autorität, das im Raum strahlt, ein Thema, das die byzantinische Ikonographie und die Bedeutung des Kreuzes (Janocha) umfassend beschäftigt hat. Das Werk wird somit zu einer visuellen Predigt, einer zeitlosen Erklärung der spirituellen und weltlichen Macht des Byzantinischen Reiches, komprimiert in einem kleinen, aber unglaublich bedeutungsvollen Bild.
Bibliographie
Cantone, Valentina, ‘Emotions on Stage: The ‚Manly‘ Woman Martyr in the Menologion of Basil II (Vat. Gr. 1613)’, in Emotions and Gender in Byzantine Culture (Cham: Springer, 2018).
Janocha, Michaił, ‘The Exaltation of the Cross in Byzantine Iconography (Podwyższenie Krzyża Świętego w ikonografii bizantyńskiej)’, Ikonotheka, 21 (2008).
Καστρινάκης, Νικόλαος, ‘The revival of the Byzantine tradition in 16th century illustrated manuscripts OF ORACLE WRITINGS’, Δελτίον της Χριστιανικής Αρχαιολογικής Εταιρείας, 33 (2012).
Lauxtermann, Marc, ‚Byzantine poetry and the paradox of Basil II’s reign‘, in Byzantium in the Year 1000, ed. by Paul Magdalino (Leiden: Brill, 2003).
Van Tongeren, L. A. M., Exaltation of the Cross: Toward the Origins of the Feast of the Cross and the Meaning of the Cross in Early Medieval Liturgy (Leuven: Peeters Publishers, 2000).
